Das zentrallabor kombiniert das 
Disparate. Das zentrallabor loest
und formuliert Raetsel, es arbeitet 
fuer und gegen bioreactor.
zu den Materialien      

 

 

 

 

Interview mit bioreactor

(LA, 03.02.2002):

Gerald Tribune (GT): "Sie treten als Biotechfirma in Museen, Galerien und im künstlerischen Umfeld auf. Gibt es dafür spezielle Gründe?"

bioreactor (bi): "Es stimmt, die Wissenschaftler und teilweise auch die Produkte unserer Firma verstehen sich als Künstler. Unsere Produkte sind von uns geschaffen, wobei wir uns nicht damit begnügen, die Natur einfach nachzubauen, sondern wir gehen kreativ mit unserem Material um. Natürlich darf der Profit nicht zu kurz kommen, dennoch wollen wir, auch wenn die Entwicklung erhebliche Kostenrisiken aufwirft, innovativ sein. Außerdem arbeiten wir auch gelegentlich mit Künstlern zusammen. Viele Künstler beschäftigen sich zur Zeit mit der Biotechnologie und das ist auch gut so, denn etwas gänzlich Unbekanntes und schwer verständliches läßt sich in einer Gesellschaft kaum einführen und vermarkten, wenn es keine Vermittler gibt, die sozusagen ‚Übersetzungsarbeit' leisten und Unsichtbares bebildern. Wir beabsichtigen, hier in Freiburg- biovalley, als global player zu investieren.

GT: "Sie sind ja nicht außer Konkurrenz,z. B. kann man unter www.d-b.net/dti/ eine große Anzahl an Klonen bestellen, und das teilweise viel billiger als bei Ihnen."

bi: "Sie sprechen von Dreamtechnology, bei denen sie sich selbst klonen lassen und z.B. den frühen Michal Jackson schon für unter 300 Dollar bekommen können. Unsere Produktpalette ist anders gelagert. Unsere Stärke liegt in der Verschmelzung verschiedener Technologien, der Nutzung aller Technologien, die sich parallel zur Biotechnologie äußerst rasant entwickeln. Ich meine zum Beispiel die Informations- und Nanotechnologie. Das Problem ist ja, dass die wet-ware Mensch psychisch und körperlich z.T. erhebliche Anpassungsschwierigkeiten zu den neuen Technologien aufweist. Schlagwörter wie ‚Informationsflut' suggerieren, dass die Technologien wie eine Naturgewalt über die Menschen hereinbrechen. Dabei sind diese Techniken Menschen-gemacht. Wir haben es in der Hand, das beste daraus zu machen. Was nützen uns die neuesten Errungenschaften, wenn sie nicht adäquat genutzt und verarbeitet werden können. Man muß dafür sorgen, dass der Mensch eine gleich gute Ausstattung erhält, um für diese neue Umwelt gerüstet zu sein. Die meisten Klonfirmen versuchen ihren Kunden Träume anzudrehen, wie z.B. ihre Kinder werden hochintelligent, oder ihre Kinder werden blaue Augen haben, oder aussehen wie Claudia Schiffer, oder eben, sie selbst werden unsterblich, wenn sie sich selbst replizieren. Was nützt es der 250tausendsten Claudia Schiffer, wenn sie mit den Anforderungen in der Schule nicht mehr zurechtkommt, was dem hochintelligenten Replikant, wenn er in einer Umgebung aufwächst, in der er sich mal verteidigen muß. Außerdem sind die Gene ja nicht alles. Auch Zwillinge sind nicht identisch und Klone können sich je nach Umgebung sehr unterschiedlich entwickeln. Deshalb ist es wichtig, gentechnische Veränderungen vor und nach der Geburt, mit nachträglichen High-Tech-Eingriffen, die sich nach dem Bedarf richten, zu kombinieren. Unsere Klone sind in einer erstaunlichen Weise an den Fortschritt angepaßt, das heißt: hoch-kompatibel. An den vielen Erwachsenen, die wir im Programm haben, sehen Sie, daß aus den ‚Monstern', wie Klone häufig unreflektiert dargestellt werden, sehr erfolgreiche und individuelle Menschen geworden sind."

GT: "Apropos Erwachsene. Warum sind ihre Klone eigentlich so alt?

bi: "Das hängt mit unserer Geschichte und den Produktionsbedingungen zusammen. Wir begannen mit dem Klonen schon, als diese Technik relativ unbekannt und noch nicht gut erforscht war. Zwar gab es damals schon Leihmütter, die Akzeptanz für das menschliche Klonen war aber nicht vorhanden. Das ändert sich ja nun glücklicherweise langsam. Wir orientierten uns zunächst an der künstlichen Gebärmutter des Gynäkologen Nobuya Unno, der an der Universität Tokio mit Ziegenföten experimentierte und erst Ende der 90er Jahre damit an die Öffentlichkeit trat. Unno konnte den Fötus in seinem EUFI (Extrauterine Fetal Incubation system) länger als drei Wochen am Leben erhalten, alle Föten starben aber bei der Geburt. Dank einer zusätzlichen Plazenta reiften unsere Klone relativ problemlos in mit künstlichem Fruchtwasser gefüllten Acryl-Behältern. Sie müssen sich das vorstellen wie in diesen Science-Fiction-Filmen. Die Erfolgsrate war gut, die anschließende Aufzucht der Babies aber sehr medikamentenintensiv. Wie alle Pioniere wagten wir uns in ganz neue Gebiete. Das war nicht immer einfach. Wir experimentierten mit Somatropin, einem Wachstumshormon, das von gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt wird, in Kombination mit dem IGF-I, dem Insulin-ähnliche Wachstumsfaktor I. Unsere Modelle entwickelten sich rasant. Dieses Problem haben wir jetzt im Griff, es ist nur eine Frage der Dosierung, der medikamentösen Einstellung. Wir sind mittlerweile auf eine andere Art der Gebärmutter umgestiegen. Zur Zeit können wir auch ganz normal Klonen, so daß Spender, die ein identisches Kind haben wollen, nicht mit sich selbst als Erwachsene konfrontiert werden müssen."

GT: "Wie kann man sich das Klonen selbst vorstellen?"

bi: "Wir wenden alle bekannten Arten des Klonens an. Zunächst natürlich das in die Schlagzeilen gekommene Klonen á la Dolly. Dem Spender wird eine Körperzelle entnommen und mit einer entkernten Eizelle verschmolzen. Die Erbinformation des heranwachsenden Embryos ist identisch mit dem seines Spenders. Dieses Verfahren hat den Vorteil, daß man jemanden auch ohne seine Einwilligung, d.h. ohne Keimzellen, klonen kann. Dann klonen wir nach dem ‚Zwillingsprinzip', d.h. wir teilen die befruchtete Eizelle so oft wie gewünscht, und aus jeder Blastozyte entwickelt sich ein identischer Zwilling, Drilling, Mehrling. Auf diese Art des Klonens sind wir spezialisiert, weil sie hervorragend mit unserer Weiterentwicklung der künstlichen Gebärmutter kooperiert. In diesem Bereich ist die Natur einfach nicht zu übertreffen. Deshalb haben wir uns von den Acryl-Behältern abgewandt und züchten natürlich-künstliche Gebärmütter aus Stammzellen. Das funktioniert gut, ist für die Aufzucht von Mehrlingen optimal, die Kapazitäten sind problemlos ausweitbar. Stellen sie sich vor, ein Uterus in Laufbandlänge. Vor allem gestaltet sich der Kontrollaufwand gegenüber der Nutzung von Leihmüttern als weitaus sicherer und effektiver. Da gibt es ja noch große Lücken bei der Kontrolle von ‚normalen' Schwangerschaften. Zusätzlich praktizieren wir in bestimmten Fällen die ‚Jungfernzeugung'. Eine unbefruchtete Eizelle wird dazu angeregt, sich zu teilen. Eine identische Frau entsteht."

GT: "Was ist eigentlich das Zentrallabor?"

bi: "Im Zentrallabor arbeiten unsere Forscher und Forscherinnen. Es ist sozusagen die Keimzelle unserer Firma. Die Arbeit des Zentrallabors scheint manchmal kontraproduktiv, chaotisch oder sogar gegen die Interessen der Firma gerichtet. Es war nicht ganz leicht, damit fertig zu werden. Mittlerweile hat sich aber in den Vorständen der innovativsten Firmen die Vorstellung durchgesetzt, die kreativen Ressourcen der Erfinder nicht zu beschneiden. Der scheinbare kurzfristige Schaden, der durch Spleens oder Eigenwilligkeiten der Angestellten entsteht ist vernachlässigbar, vergleicht man ihn mit dem was bei ihrer Arbeit herauskommt. Keiner redet diesen Leutchen rein, dafür machen sie ihre Arbeit gerne. Man muß ihnen ihren Lohn förmlich aufdrängen."

GT: "Sehr geehrte Frau Chairwoman Geraldine Z, wir danken Ihnen für dieses Gespräch."

 

 

 

 

 

 

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Santa Barbara, California