Omnibusfahrt in die Fürsorgediktatur

Parlamen­­tarischer Omnibus in die bio­politische Fürsorge­­­­demokratur

Eine Katastrophen- und Demokratiesimulation (Gattung: Satire, Farce. Quellen: Website des Bundestags, Sitzungsprotokoll der 154. Plenarsitzung, ein Papier vom Server des BMI)

Nach Jean Baudrillard („Die göttliche Linke“) sind Politiker die „Profis der Machtergreifung“. In diesem Sinne waren die VolksvertreterInnen des deutschen Bundestags am 25.03.2020 selten professionell. Am 25.03.2020 beschließen die anwesenden Abgeordneten des Bundestages mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP, Grüne unter TOP 6 der Plenarsitzung für 83 Millionen Bundesbürger wahrhaft pandemische Grundrechtseinschränkungen. Die anwesenden Abgeordneten dekretieren ohne Gegenstimme, bei Enthaltung der Linken und der AfD einen „Gesetzentwurf zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (19/18111), zu dem der Gesundheitsausschuss eine Beschlussempfehlung (19/18156) und einen Bericht (19/18168) vorgelegt hatte.“ Wie bei fast allen Bundesdrucksachen zu diesem Thema: Alternativen: keine.

[Bild, Quelle/ Source image: Commons Wikimedia
Bus, thanks to Infrogmation]

Das Artikelgesetz zur Politik des Ausnahmezustands

Das dazu nötige Artikelgesetz (Mantelgesetz) wird 2 Tage später, am 27.03.2020 erlassen. Artikelgesetze werden in der juristischen Diktion gerne auch als „Omnibusgesetze“ bezeichnet, da sie mehrere Rechtsfelder gleichzeitig umfassen. Das brandneue Artikelgesetz besagt, dass der Bundestag „eine epidemische Lage von nationaler Tragweite“ feststellen kann. Eine Legaldefinition dieses Begriffs existiert nicht. Lediglich in Artikel 12 der Internationalen Gesundheitsvorschriften findet sich eine Definition für eine Gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite. Dieses Artikelgesetz, der potentielle Omnibus in die Wohlfahrtsdemokratur ist zunächst bis 01.04.2021 gültig. Nähere Informationen hier:

Zitat aus dem Unterpunkt „Kritik zum Mantelgesetz“ des oben verlinkten Wikipedia Artikels, Stand 07.06.2020:

Der Verfassungsrechtler Christoph Möllers kritisierte, dass auf Grundlage des Gesetzes eine einzige Person, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Gesetze vollziehen dürfe. Der Rechtswissenschaftler Hans Michael Heinig warnte vor einem „faschistoid-hysterischen Hygienestaat“. Dagegen bezeichnete der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, die Neuregelung als „noch verfassungsgemäß“.[10]

Der Rechtswissenschaftler Oliver Lepsius kritisierte das zu Gunsten von Gesundheitsminister Spahn eingeführte „Sonderverordnungsrecht“. Wegen der grundrechtlichen Relevanz der Infektionsschutzmaßnahmen sei es zwingend erforderlich, dass die Bundesregierung als Gremium entscheide, „weil im Kabinett wenigstens auch Minister vertreten sind, zu deren Aufgaben die Pflege der anderen Grundrechte gehört“.[11]

Nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Diensts des Deutschen Bundestages sind die neuen Verordnungsermächtigungen in § 5 Abs. 2 IfSG verfassungsrechtlich problematisch. Durch sie werde ein Großteil der Regelungen des Infektionsschutzgesetzes zur Disposition des Bundesgesundheitsministers gestellt. Zwar sprächen der „vielgestaltige Sachverhalt“ des Infektionsschutzes und die sich möglicherweise schnell ändernden tatsächlichen Verhältnisse dafür, dass die weit und unbestimmt gefassten Ermächtigungen verfassungsrechtlich zulässig seien. Andererseits erlaube das Infektionsschutzgesetz erhebliche Eingriffe in Grundrechte. Über diese müsse der Gesetzgeber grundsätzlich selbst entscheiden; er dürfe dies nicht der Exekutive überlassen (siehe auch: Wesentlichkeitstheorie). Insgesamt verblieben daher „gewichtige Bedenken“.[12]

Quelle: commons.wikimedia.org, Extermination of evil, Tenkeisei, God of pestilence

Bürger im Sinne des IfSG sind: Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider

Durch den neuen Paragraphen § 5 Abs.1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) kann der Bundestag „eine epidemische Lage von nationaler Tragweite“ dekretieren. Dies wurde so bei der Parlamentssitzung am 25.03.2020 unter TOP6 umgesetzt und bringt in Folge unter anderem die Paragraphen §28-32 des IfSG in Stellung, die zentrale Grundrechte massiv beschneiden. Siehe auch §28-32 im Anhang.

Potentiell ist jetzt jede/r, vom Säugling bis zum Greis und der erlauchten Greisin, zunächst und zuvörderst ein „Kranker, Krankheitsverdächtiger, Ansteckungsverdächtiger oder Ausscheider“.

Vor diesen Gesetzesänderungen am IfSG waren solche massiven Eingriffe zeitlich und räumlich begrenzt, nun gelten sie nach Maßgabe der vom Bundestag bestimmten Zeitdauer für die gesamte Bundesrepublik.

Die Bundestagssitzung vom 25.03.2020, die diese Politik des Ausnahmezustands feststellt und das Leben und die Grundrechte von 83 Millionen Bundesbürgern formal-juristisch zunächst bis 30.09.2020 massiv einschränkt und kappt, mit immensen finanziellen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen, psychischen, kulturellen, gesundheitlichen Folgeschäden, soll hier kurz skizziert werden.

Wäre es ein Theaterstück, es wäre eine Farce. Die Quellen dieses kuriosen Trauerspiels finden sich auf der Website des Bundestags, dem Protokoll der Sitzung, den hier im Artikel genannten und verlinkten Bundesdrucksachen und dem eigenartigen Papier vom Server des Innenministeriums (siehe weiter unten).

Die Bundestagssitzung 154, „Kronen Sitzung“, Clip ON

Die Kanzlerin AM ist abwesend, da unter Covid-19 Quarantäne. Längerer Beifall bei den Abgeordneten als Bundestagspräsident Dr. Schäuble verliest, die Kanzlerin verfolge die Sitzung im Home office.

Tagesordnungspunkte 6 a bis 6 h der Bundestagssitzung: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite.

Dr. Schäuble im Kasernenton: „Bitte denken Sie an das Abstandsgebot. Auch beim Platzwechsel besteht Infektionsgefahr.Es liegen ein Änderungsantrag und mehrere Entschließungsanträge vor. Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten beschlossen.“ Sehr amüsant: Ein kurzer Kameraschwenk (Sekunde 0:13-0:28) in den Plenarsaal zeigt, zwischen den musterhaft distanzierten Sitzplätzen, die in der Pause munter umherschweifenden Abgeordneten fast schon auf Kuscheldistanz und, wie Ende März üblich,ohne Maske, als von einem Infektionsgeschehen, wenn auch schon stark abnehmend, noch gesprochen werden konnte. Die Todesangst voreinander und untereinander scheint bei den VolksvertreterInnen noch nicht richtig angekommen zu sein, obwohl sie gleich einmütig parteidiszipliniert in wohltemperierter Simulationspanik den Ausnahmezustand beschließen.

Wir werden nun bei der Notstandsausrufung Zeugen eines parlamentarischen Begründungsnotstands. Das geneigte Publikum sollte annehmen, dass die für Top 6 der Plenarsitzung maßgeblichen Drucksachen 19/18111 und 19/18156 plausibel und sehr ausführlich begründet werden, schließlich geht es um die größten Grundrechtsbeschneidungen der Geschichte der Bundesrepublik.

Was dann doch fast sprachlos macht: Die fast identischen Begründungen in den Drucksache 19/18111 und 19/18156, ein Land und 83 Millionen Menschen ein bisschen (das Adverb des Jahres) an die Wand zu fahren, umfassen 2 Hypothesen und eine behauptete „Kausalfolgerung“, die den Ausnahmezustand dekretiert, alles in allem ein halber Absatz. Hier das komplette Zitat, mehr Begründung wird der Bevölkerung nicht geliefert:

Zitat Drucksache 19/18111:

[Hypothese 1] „Das aktuelle Ausbruchsgeschehen der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Krankheit COVID-19 zeigt, dass im seuchenrechtlichen Notfall das Funktionieren des Gemeinwesens erheblich gefährdet sein kann.“ [Hypothese 2] „In einer sich dynamisch entwickelnden Ausbruchssituation kann für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik durch eine sich grenzüberschreitend ausbreitende übertragbare Krankheit eine erhebliche Gefährdung eintreten, der nur begrenzt auf Landesebene begegnet werden kann.“

[Schlussfolgerung] „Der Deutsche Bundestag stellt daher eine epidemische Lage von nationaler Tragweite fest.“

Es folgen Abschätzungen zum „Erfüllungsaufwand“ der Bürger, der Wirtschaft und der Verwaltung. Der „Erfüllungsaufwand“ der Bevölkerung ist unter E1 abgehandelt:

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Die Maßnahmen, durch die im Gesetz selbst nur Befugnisgrundlagen geschaffen werden, haben keine unmittelbaren Kostenfolgen. Soweit im Fall einer vom Deutschen Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite auf dieser Basis Anordnungen ergehen oder Rechtsverordnungen erlassen werden, könnten für Bürgerinnen und Bürger Kosten entstehen, die lagespezifisch und daher nicht allgemein bezifferbar sind.“

Das wars.

Ab Seite 5 der Drucksache kommt dann der eigentliche Gesetzestextentwurf.

Auch in der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, Drucksache 19/18156 als Begründung der Notstandsmaßnahmen genau 2 fast der Drucksache 19/18111 identische Konjunktivsätze unter A, Problem:

Das aktuelle Ausbruchsgeschehen der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Krankheit COVID-19 zeigt nach Darstellung der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, dass im seuchen-rechtlichen Notfall das Funktionieren des Gemeinwesens erheblich gefährdet sein könne. In einer sich dynamisch ent-wickelnden Ausbruchssituation könne für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik durch eine sich grenzüberschreitend ausbreitende über-tragbare Krankheit eine erhebliche Gefährdung eintreten, der nur begrenzt auf Landesebene begegnet werden könne.

Also nochmals ganz kurz zusammengefasst: Die Begründung zur Entscheidung im Bundestag für eine in der Geschichte der BRD einmaligen Notstandsgesetzgebung mit Beschneidung der wichtigsten Grundrechte für 83 Millionen BürgerInnen beläuft sich in beiden für die Sitzung TOP 6 a-h maßgeblichen Bundestag- Drucksachen auf jeweils 2 fast identische Konjunktivsätze.

Es übernehmen die dankbare Aufgabe eines Redebeitrags zu TOP 6 der Plenarsitzung: 5 Abgeordnete, mit kurzen Statements, es sind nicht die üblichen Talkshow- Politabogäste. Vorgesehene Redezeit hierfür nach Protokoll: 30 Minuten. Eine Debatte findet nicht statt. Wir erleben stattdessen reinen, „alternativlosen“ Verlautbarungsparlamentarismus. Einer der 5 Abgeordneten, Dr. Nüßlein von der CDU steuert sogar noch 2 weitere „Gründe“ bei, nämlich „Bilder aus Italien“. Gestapelte Särge und überfüllte Krankenhausstationen. Dass sich die Särge stapelten, weil die Bestattungsunternehmen nicht abtransportieren konnten und die amtlich angeordneten Verbrennungen nicht schnell genug durchgeführt werden konnten, da es in Italien kaum Krematoriumsplätze gibt, da Feuerbestattungen unüblich sind, wird verschwiegen, passt auch nicht ins Bild, ebenso wenig, dass das italienische Krankenhaussystem totgespart wurde, nicht zuletzt wegen einem von der EU oktroyierten, rigiden Austeritätskurs.

Die Reden der Nicht-Hinterbänkler zu den anderen Tagesordnungspunkten der Plenarsitzung 154 spielen Variationen einer platten Kriegsrhetorik:

Wir alle gemeinsam, mindestens 1,50 getrennt, gegen das Virus. Und das weltweit bei geschlossenen Grenzen. Solidarisch distanziert… und anderer Orwellsprech.

Mit den für eine rhetorica belli eigens zurecht gestanzten, scheinheiligen Appellen an die Solidarität aller, den standing ovations für die sich aufopfernden HeldInnen an der Front (die in solchen Situationen gerne mit schwülstigem Lob aber nicht mit Geld und guten Arbeitsbedingungen belohnt werden) und der für Notstandsparolen typischen, tristen Mischung aus Pathos, Panik und Propaganda. Auch hier keine Debatte. Das Virus, als verlässlicher Katalysator, bringt vieles an den Tag: auch den stetigen Verfall der parlamentarischen Debattenkultur und die inflationär-stupide Verengung der Diskurszonen.

Ja wo sind sie denn, die Quellen?

Nun einige Fragen an die Abgeordneten dieser Farce: Waren unsere VolksvertreterInnen tatsächlich nur den Panik verbreitenden Mainstreammedien und den abenteuerlichen Fehlkalkulationen des RKI gefolgt, das am Anfang der Krise von über 360.000 Toten in Deutschland ausging?

Oder hatten sie gar die Bundesdrucksache 17/12051 vorliegen, welche im Jahr 2012/2013 in rein hypothetischen Modellrechnungen tatsächlich bis zu 7,5 Millionen Toten über 3 Jahre verteilt (Seite 64) menetekelte? Haben sie hier Fiktion mit Wirklichkeit verwechselt?

Oder war es das ominöse Papier, das ohne Kennzeichnung der Verfasser, der Quellen, ohne Datumskennung auf dem Server des Innenministeriums zum Download für Politik und Medien bereitstand und als pures Panikverbreitungspamphlet angesehen werden kann? In diesem eigenartigen Schriftstück werden bei Untätigkeit 1,2 Millionen Tote aufgerufen. Das PDF fand sich bis November/Dezember 2020 zum Download vom BMI Server unter dieser URL : (https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/2020/corona/szenarienpapier-covid-19.html) . Mittlerweile (Stand Januar 2021) ist er dort nicht mehr verfügbar, ich habe es hier auf meinem Server gespeichert: BMI Corona Strategiepapier.

Dieses Papier, das zunächst als „VS- Nur für den Dienstgebrauch“ geleakt (?) wurde, dann frei unter obiger URL zum Download stand (jedenfalls am 08.06.2020 und nach meiner Erinnerung bis November 2020) ist mit heißer Nadel gestrickt und ziemlich schäbig strukturiert. So werden zum Beispiel zunächst (S 5-7) die Szenarien „Worst Case“, „Dehnung“, „Hammer and Dance“ in dieser Reihenfolge gelistet, ab Seite 9 die Reihenfolge gedreht und weitere Szenarien bis zum richtig gruseligen „Abgrund“ angehängt. Als gewohnt alternativlos wird das Szenario 1 „Schnelle Kontrolle“ dargestellt, welches dem auf Seite 7 referierten „Hammer and dance“ Modell entspricht. Im 2. Absatz wird ein nicht näher benanntes Expertenteam von RKI, RWI, IW, SWP, Universität Bonn/University of Nottingham Ningbo China, Universität Lausanne und Universität Kassel genannt. Niemand wird namentlich aufgeführt, kein Veröffentlichungszeitpunkt, keine Behördenbezeichnung. Im ersten Absatz wird das Maß des nötigen Katastrophenlevels festgestellt bzw. behauptet: „Das pandemische COVID-19-Virus ist für die Politik, Gesellschaft und Wirtschaft in Deutschland und Europa die größte Herausforderung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.“

Eine Prise Nietzsche, viel Orwellsprech und alles in allem Politmarketing

Der Autor der operational auffällig professionellen, aber gleichzeitig aluminiumglatten Marketingsprechstudie „Hammer and Dance“, Tomas Pueyo, ist Vizechef des Unternehmens coursehero.com, welches nach eigener Aussage mehr als 1 Milliarde umsetzt (Zitat, Website:“Currently leading a billion-dollar [= dt. Milliarde] business @ Course Hero), als Online- Lehrplattform einer der ganz großen Corona- Profiteure. In seiner Modellrechnung sind es die Musterstaaten Taiwan und Südkorea, die mit totaler Überwachung und rigorosen „Skalpell-“ Maßnahmen (Südkorea) nach seiner Aussage die Krise am besten gemeistert hätten. Das „Dance-“ Environment dieser vom Vize-CEO aufgeführten Musterstaaten hat mit Demokratie, Datenschutz und Bürgerrechten eher wenig zu tun und lässt sich unter „brave new world“ subsumieren. Schweden wird als Alternativmodell erst gar nicht genannt.

Bundestag im Stampede Modus

Was der Regierung, den Abgeordneten und den Chefs der Bundesländer in ihrem parteibefehlskonformen Massenbammel tatsächlich schwer anzulasten ist:

Sie haben keine unabhängige Expertenkommission einberufen, obwohl es schon seit Anfang März Appelle dazu gab, nicht nur von Ärzten wie Dr. Wodarg, Prof. Bhakti, Dr. Frank und vielen anderen, auch aus anderen betroffenen Bereichen der Gesellschaft.

Es gab nicht einmal den Versuch einer umfassenden Abwägung der Verhältnismäßigkeit. Stattdessen die totale Parteidisziplin.

Zeitdruck kann nicht als Ausrede gelten. Wenn gewollt, kann eine solche Kommission bei so schwerwiegenden und weitreichenden Entscheidungen auch sehr kurzfristig einberufen werden. Die Umsetzung der eher mittelalterlichen Ausgangsbeschränkungen gelang ja ebenfalls sehr schnell.

An diesem Punkt setzen die Regierungsverlautbarungsmedien gerne ein und meinen im endlos repetitiven Jargon der Bevölkerungsbelehrung: danach wüssten DauernörglerInnen und V- TheoretikerInnen ja immer alles besser. Nein.

Schon Mitte März lagen die ersten Studien der Epidemie in Wuhan in der Wissenschaftszeitschrift Nature vor, die eine deutlich geringere Letalitätsrate von Covid-19 nachwiesen, als in den Horrorszenarien des RKI oder der Bundesdrucksache 17 /12051 aus dem Jahre 2012/2013. Am 26.03. veröffentlichte das New England Journal of Medicine eine weitere Studie, die die Untersuchungen aus der Zeitschrift Nature bestätigen. Zitat: „This suggests that the overall clinical consequences of Covid-19 may ultimately be more akin to those of a severe seasonal inf luenza (which has a case fatality rate of approximately 0.1%) or a pandemic inf luenza (similar to those in 1957 and 1968) rather than a disease similar to SARS or MERS, which have had case fatality rates of 9 to 10% and 36%, respectively.“ Die Autoren dieser Studie hätten vor ihrer Veröffentlichung ebenfalls gehört werden können. Die ersten Auswertungen aus Wuhan zeigten auch schon deutlich die Risikogruppe: sehr betagte, multipel erkrankte Menschen. Diese von Mainstreammedien so genannte „Risikogruppe“ hätte man in den lokalen „hotspots“ im Rahmen ihrer Selbstbestimmung und auf ihren ausdrücklichen Wunsch sehr effektiv schützen können.

Das Politpersonal hat aber nicht nur die Anhörung unabhängiger Experten blockiert, sondern auch die Obduktion der an Covid-19 Verstorbenen unter fadenscheinigen Begründungen (Ansteckungsgefahr) über das der Regierung untergeordnete RKI verhindert. Erst als Dr. Püschel in Hamburg Obduktionen vornahm, wurde von politischer Seite und vom RKI scheibchenweise nachgegeben.

Trotz einer landesweiten, medialen Verleumdungskampagne war ein Monat später schon klar: nicht das RKI oder Dr. Drosten, sondern Dr. Wodarg und Prof. Bhakti lagen mit ihren Einschätzungen richtig. Mitte April bestätigten die Untersuchungen von Prof. Streek ein Infektionsgeschehen ähnlich einer schweren Influenzaepidemie. Hier wird oft angeführt, man könne Influenza und Covid-19 nicht vergleichen. Dies betrifft allerdings nur die Röntgenbefunde sehr schwerer Verlaufsformen. Bei den symptomlosen oder weit über 90% harmlosen Verläufen und unter rein epidemologischen Gesichtspunkten ist Influenza und Covid-19 sehr wohl vergleichbar. Die Obduktionen von Dr. Püschel wiesen nach, dass alle von ihm untersuchten Covid-19-positiv- Verstorbenen an sehr schweren, oft multiplen Krankheiten litten. Das Durchschnittsalter der Verstorbenen lag über 80 Jahre.

Als Professor Streek Mitte April seine Studien aus Heinsberg vorlegte, wäre der letzte Moment gewesen, an dem das Politpersonal einigermaßen gesichtswahrend hätten beisteuern können. Aber nein, es wurde mit Maskenzwang und der Etablierung einer neuen Post-Sars2-Zombi-Realität in öffentlichen Verkehrsmitteln, Läden, Arbeitsplätzen, Schulen, Kindergärten, Ämtern noch nachgelegt. Spahn, Merkel und Co. pochen auf ihre schöne, neue Welt, gerne mit Lauterbachschem Dauertalkshowgastbegleitrauschen (bei Lanz hat der seit der Krise Fliegen-lose Vollexperte Lauterbach so eine Art Allabendabo).

Was die Lage erschwert: die verführerische, süße Lust an der Politik des Ausnahmezustands ist eine gefährliche, tatsächliche Pandemie der politischen Klasse, weltweit. 

Vielleicht geht es auch nur um die unsanfte Einführung in die 4. oder weiß-der-Himmel-wievielte ehemals industrielle, heute digital-biopolitische Revolution.

Offener Brief von Blackrock-Chef Larry Fink an seine Anteilseigner, am 29.3.2020

“The world will get through this crisis. The economy will recover. And for those investors who keep their eyes not on the shaky ground at our feet, but on the horizon ahead, there are tremendous opportunities to be had in today’s markets.”

https://www.blackrock.com/corporate/investor-relations/larry-fink-chairmans-letter

oder Klaus Schwab, einer der „think tanks“ des World Economic Forum:

„Eines der wesentlichen Merkmale der vierten industriellen Revolution besteht nicht darin, dass sie die Art verändert, wie wir arbeiten. Diesmal sind wir es, die verändert werden.”

Ein Sommertag wie im Bilderbuch und die Profis der Machtergreifung im Back-End

Vor einigen Tagen, es ist Anfang Juni, ein Sommertag wie aus alter Zeit, schaue ich aus dem Fenster und sehe eine Kindergartengruppe mit circa zehn 3-4 Jährigen, alle, natürlich auch die „Kindergärtner“, voll vermummt. Die Barbarei des Wohlfahrtskomitees ist auch bei den Kleinsten angekommen. Aus Sicht eines Larry Fink (siehe oben), „the shaky ground at our feet“.

Wenn man sich die Politheroen und die oben genannten dystopischen Visionäre anschaut, die solche ungeheuerlichen Wirklichkeiten als „Profis der Machtergreifung“ etablieren, findet man sich schnurstracks im Gruselwachsfigurenkabinett der finstersten Phasen der Geschichte. Die Unverhältnismäßigkeit der Mittel steht in Proportion zur Phantasielosigkeit des juste milieu. Digitale Charaktere, home office- Avatare, Visionäre der Dystopie.

Quelle: commons.wikimedia.org, Paul Klee, Mask of fear

Nachtrag:
kleine Anfrage von 46 Abgeordneten, beantwortet von Regierungsseite am 04.06.2020

Zitat, achgut.com: Am 28.04.20 hat eine Gruppe von fünf Professoren verschiedener Fachrichtungen die Fraktionen des Deutschen Bundestages angeschrieben und sie darum gebeten, vier Fragen an die Bundesregierung als Kleine Anfrage an die Bundesregierung zu richten, damit sie darauf antworten muss. Anfragen von Bürgern bleiben stets unbeantwortet.
46 Abgeordnete sind der Bitte gefolgt, und die Anfrage wurde am 11.05. als Bundestagsdrucksache 19/19081 veröffentlicht. Inzwischen liegt auch die Antwort der Regierung vor, die als Bundestagsdrucksache 19/19428 vom 04.06.20 veröffentlicht wurde. Der Inhalt hat die fünf Professoren enttäuscht. […]
Auf die erste Frage „Welche konkreten Szenarien lagen am 13.03.20 vor, und aus welchen Grund hat sich die Regierung für Kontaktbeschränkungen und gegen die Herstellung der Herdenimmunität entschieden?“ wurde geantwortet, dass es nur die täglichen Situationsberichte des Robert-Koch-Instituts gab, die im Internet veröffentlicht sind. Damit bestätigt sie die Aussage von Stephan Kohn aus dem Innenministerium (siehe hier), dass es keine professionelle Entscheidungsvorbereitung gab. Ohne Folgenabschätzungen für verschiedene Handlungsalternativen in mehreren Szenarien war der Lockdown also nach dieser Antwort ein panischer Schnellschuss!

Quelle: https://www.achgut.com/artikel/corona_aufarbeitung_die_ahnungslosigkeit_der_bundesregierung


Anhang: §28-32 des Infektionsschutzgesetzes

Quelle: www.buzer.de

§ 28 Schutzmaßnahmen

(1) 1Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. 2Unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen. 3Eine Heilbehandlung darf nicht angeordnet werden. 4Die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) werden insoweit eingeschränkt.

(2) Wird festgestellt, dass eine Person in einer Gemeinschaftseinrichtung an Masern erkrankt, dessen verdächtig oder ansteckungsverdächtig ist, kann die zuständige Behörde Personen, die weder einen Impfschutz, der den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission entspricht, noch eine Immunität gegen Masern durch ärztliches Zeugnis nachweisen können, die in § 34 Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Verbote erteilen, bis eine Weiterverbreitung der Krankheit in der Gemeinschaftseinrichtung nicht mehr zu befürchten ist.

(3) Für Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 gilt § 16 Abs. 5 bis 8, für ihre Überwachung außerdem § 16 Abs. 2 entsprechend.

§ 29 Beobachtung

(1) Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige und Ausscheider können einer Beobachtung unterworfen werden.

(2) 1Wer einer Beobachtung nach Absatz 1 unterworfen ist, hat die erforderlichen Untersuchungen durch die Beauftragten des Gesundheitsamtes zu dulden und den Anordnungen des Gesundheitsamtes Folge zu leisten. 2§ 25 Absatz 3 gilt entsprechend. 3Eine Person nach Satz 1 ist ferner verpflichtet, den Beauftragten des Gesundheitsamtes zum Zwecke der Befragung oder der Untersuchung den Zutritt zu seiner Wohnung zu gestatten, auf Verlangen ihnen über alle seinen Gesundheitszustand betreffenden Umstände Auskunft zu geben und im Falle des Wechsels der Hauptwohnung oder des gewöhnlichen Aufenthaltes unverzüglich dem bisher zuständigen Gesundheitsamt Anzeige zu erstatten. 4Die Anzeigepflicht gilt auch bei Änderungen einer Tätigkeit im Lebensmittelbereich im Sinne von § 42 Abs. 1 Satz 1 oder in Einrichtungen im Sinne von § 23 Absatz 5 oder § 36 Absatz 1 sowie beim Wechsel einer Gemeinschaftseinrichtung im Sinne von § 33. 5§ 16 Abs. 2 Satz 4 gilt entsprechend. 6Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz), der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) werden insoweit eingeschränkt.

§ 30 Absonderung

(1) 1Die zuständige Behörde hat anzuordnen, dass Personen, die an Lungenpest oder an von Mensch zu Mensch übertragbarem hämorrhagischem Fieber erkrankt oder dessen verdächtig sind, unverzüglich in einem Krankenhaus oder einer für diese Krankheiten geeigneten Einrichtung abgesondert werden. 2Bei sonstigen Kranken sowie Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern kann angeordnet werden, dass sie in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise abgesondert werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen, befolgen können oder befolgen würden und dadurch ihre Umgebung gefährden.

(2) 1Kommt der Betroffene den seine Absonderung betreffenden Anordnungen nicht nach oder ist nach seinem bisherigen Verhalten anzunehmen, dass er solchen Anordnungen nicht ausreichend Folge leisten wird, so ist er zwangsweise durch Unterbringung in einem abgeschlossenen Krankenhaus oder einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses abzusondern. 2Ansteckungsverdächtige und Ausscheider können auch in einer anderen geeigneten abgeschlossenen Einrichtung abgesondert werden. 3Das Grundrecht der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz) kann insoweit eingeschränkt werden. 4Buch 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt entsprechend.

(3) 1Der Abgesonderte hat die Anordnungen des Krankenhauses oder der sonstigen Absonderungseinrichtung zu befolgen und die Maßnahmen zu dulden, die der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Einrichtung oder der Sicherung des Unterbringungszwecks dienen. 2Insbesondere dürfen ihm Gegenstände, die unmittelbar oder mittelbar einem Entweichen dienen können, abgenommen und bis zu seiner Entlassung anderweitig verwahrt werden. 3Für ihn eingehende oder von ihm ausgehende Pakete und schriftliche Mitteilungen können in seinem Beisein geöffnet und zurückgehalten werden, soweit dies zur Sicherung des Unterbringungszwecks erforderlich ist. 4Die bei der Absonderung erhobenen personenbezogenen Daten sowie die über Pakete und schriftliche Mitteilungen gewonnenen Erkenntnisse dürfen nur für Zwecke dieses Gesetzes verarbeitet werden. 5Postsendungen von Gerichten, Behörden, gesetzlichen Vertretern, Rechtsanwälten, Notaren oder Seelsorgern dürfen weder geöffnet noch zurückgehalten werden; Postsendungen an solche Stellen oder Personen dürfen nur geöffnet und zurückgehalten werden, soweit dies zum Zwecke der Entseuchung notwendig ist. 6Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz), der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz) und das Grundrecht des Brief- und Postgeheimnisses (Artikel 10 Grundgesetz) werden insoweit eingeschränkt.

(4) 1Der behandelnde Arzt und die zur Pflege bestimmten Personen haben freien Zutritt zu abgesonderten Personen. 2Dem Seelsorger oder Urkundspersonen muss, anderen Personen kann der behandelnde Arzt den Zutritt unter Auferlegung der erforderlichen Verhaltensmaßregeln gestatten.

(5) Die Träger der Einrichtungen haben dafür zu sorgen, dass das eingesetzte Personal sowie die weiteren gefährdeten Personen den erforderlichen Impfschutz oder eine spezifische Prophylaxe erhalten.

(6) Die Länder haben dafür Sorge zu tragen, dass die nach Absatz 1 Satz 1 notwendigen Räume, Einrichtungen und Transportmittel zur Verfügung stehen.

(7) 1Die zuständigen Gebietskörperschaften haben dafür zu sorgen, dass die nach Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 notwendigen Räume, Einrichtungen und Transportmittel sowie das erforderliche Personal zur Durchführung von Absonderungsmaßnahmen außerhalb der Wohnung zur Verfügung stehen. 2Die Räume und Einrichtungen zur Absonderung nach Absatz 2 sind nötigenfalls von den Ländern zu schaffen und zu unterhalten.

§ 31 Berufliches Tätigkeitsverbot

§ 31 wird in 8 Vorschriften zitiert

1Die zuständige Behörde kann Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagen. 2Satz 1 gilt auch für sonstige Personen, die Krankheitserreger so in oder an sich tragen, dass im Einzelfall die Gefahr einer Weiterverbreitung besteht.

§ 32 Erlass von Rechtsverordnungen

1Die Landesregierungen werden ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. 2Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. 3Die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz), der Freizügigkeit (Artikel 11 Abs. 1 Grundgesetz), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Grundgesetz), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) und des Brief- und Postgeheimnisses (Artikel 10 Grundgesetz) können insoweit eingeschränkt werden.